Sie können darüber abstimmen, wer die Bamberger Bürgernadel Alltagsheld erhalten soll. Nominiert ist auch Toni Messingschlager, der Großes für ein kriegsgebeuteltes Land leistet.
Es war Ende Februar 2022: Mit dem Einmarsch russischer Truppen startete Präsident Wladimir Putin einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kurz danach rief der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Kriegszustand in seinem Land aus. Seitdem befindet sich die Ukraine mit Russland im Krieg.
Dieses Ereignis hat bei Toni Messingschlager den Drang ausgelöst, zu helfen. „Wegen einer Operation lag ich während dieser Zeit eine Woche im Bett und habe diese schrecklichen Bilder in den Nachrichten gesehen“, erzählt der Leiter der IT-, Zoll- und Logistikabteilung im Familienunternehmen Messingschlager rückblickend. Er erinnert sich an einen ehemaligen Mitarbeiter, der aus der Ukraine stammt und in der Nähe von Lemberg wohnt. „Mit ihm habe ich Kontakt aufgenommen und er hat mir erzählt, dass auch sie im Westen der Ukraine alle im Kriegszustand sind.“
Toni Messingschlager startete 2022 Spendenaufruf für Ukraine
Messingschlager fragte bei seinem ehemaligen Mitarbeiter nach, was sie vor Ort brauchen. Und dann hat er angefangen, diese Dinge zu besorgen. Dafür startete er einen Online-Aufruf auf seinen privaten und auf den firmeneigenen Social-Media-Kanälen. Dadurch sowie durch eigene Mittel „kam so viel zusammen, da habe ich zum ersten Mal gesehen, was eine Einzelperson alles erreichen kann“.
Notwendige Dinge, die nicht über Sachspenden zusammenkamen, versuchte er über private und Firmenkontakte zu besorgen. Tarnkleidung, Handschuhe, Helme – „keine Bundeswehrhelme, das habe ich probiert, doch das hat nicht geklappt“ – Konserven, Dosen, Verbandsmaterial und mehr packte der heute 30-Jährige dann in einen Firmensprinter und machte sich damit Anfang März 2022 auf den Weg in die Ukraine.
Panzer statt Autos auf dem Weg in die Ukraine
Mit seinem Kontakt vor Ort hat er vereinbart, dass er sich kurz nach der Grenze mit ihm treffen wird. „Ich kann mich noch genau erinnern, je näher wir an die Ukraine kamen, desto weniger wurde der Verkehr.“ Statt Autos sah er Panzer. „Das holt einen brutal auf den Boden der Tatsachen zurück.“ Denn nur zu wissen, dass dort Krieg herrscht, und ihn mit eigenen Augen zu sehen, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. „Das war richtig surreal für mich“, beschreibt Messingschlager seine damalige Gemütslage.
Bei seiner zweiten Fahrt ist Toni Messingschlager bis nach Lemberg gefahren. Im Sprinter hatte er dieses Mal unter anderem dringend benötigte Operationsfäden für ein Geburtenkrankenhaus. „Deren Vorrat wurde an die Front geschickt“, sodass damals für die Mütter kaum mehr welche vorhanden waren.
Messingschlager erlebt Raketenalarm in Lemberg
Kaum in Lemberg angekommen, ging der Raketenalarm los. „Über eine App wird die Bevölkerung gewarnt, sobald irgendwo eine Rakete oder ein Jet in Richtung Westen startet“, erklärt Messingschlager.
Bei der Geburtenklinik begab er sich deswegen direkt mit dem Personal und den Müttern in einen Bunker. „Das war wirklich ein sehr emotionales Erlebnis und ein starker Kontrast. Oben tobt sozusagen der Tod und im Bunker sitzen die Mütter, die ihre frischgeborenen Babys fest umklammern.“ Eine Frau hat währenddessen in einem im Bunker sporadisch eingerichteten Kreißsaal ihr Kind bekommen. „Das war ein Erlebnis, das ich so schnell nicht wieder vergessen werde.“
Messingschlager fährt fünfmal in die Ukraine
Insgesamt fünfmal ist Toni Messingschlager bisher mit dem Sprinter in die Ukraine gefahren. Auf einer seiner Heimfahrten nahm er eine Bekannte seines ehemaligen Mitarbeiters sowie deren Möbel mit nach Bamberg zurück. „Die ältere Dame habe ich dann bei einem Bekannten in Bamberg untergebracht.“
Dass beide Seiten, Russland und Ukraine, medienwirksame Propaganda betreiben und auch Kriegsverbrechen begehen, davor verschließt der 30-Jährige seine Augen nicht. „Doch Russland ist in die Ukraine einmarschiert, daher möchte ich so gut es geht mit meinen Möglichkeiten helfen.“
Warum Toni Messingschlager trotz Hürden weiterhin Hilfsgüter liefert
Trotz kräftezehrender Reisen – meist fährt er die Strecke fast komplett auf einmal mit einem Freund durch – und immer längerer und schwierigerer Kontrollen an der Grenze, seine Hilfsgüterfahrten einzustellen, das kommt für Messingschlager nicht infrage. „Ich versuche, dass ich dieses Jahr noch einmal rüberfahren kann, um Generatoren zu bringen, die dort dringend gebraucht zu werden.“
Seine große Hilfsbereitschaft hat „vermutlich auch etwas mit meiner Erziehung zu tun“, mutmaßt er. Tonis Vater Benno Messingschlager selbst engagiere sich ehrenamtlich sehr viel. Zudem ist der 30-Jährige ein „empathischer und freiheitsliebender Mensch“. „Daher geht es mir gegen den Strich, wenn die Freiheit eines Landes so angegriffen wird.“
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