Ein Team hat sich den Hang am Bach vorgenommen.
Ein Team hat sich den Hang am Bach vorgenommen. // Manfred Hänchen
Müllsammeln: Geflüchtete Ukrainer helfen bei Rama Dama

Behringersmühle machte zuletzt eher negative Schlagzeilen. Mittendrin: die örtlichen Flüchtlinge. Nun helfen sie dabei, dort Müll in der Natur zu sammeln.

 //  Gößweinstein

„Es war ein Integrationsversuch gewesen, der wunderbar geklappt hat.“ Dies sagte Gößweinsteins dritter Bürgermeister Manfred Hänchen (CSU) in seiner Eigenschaft als Zweiter Vorsitzender des Verkehrsvereins Behringersmühle im Feuerwehrhaus nach der Müllsammelaktion „Rama Dama“ am Samstag beim gemeinsamen Brotzeitmachen mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Über 50 von ihnen, darunter viele Frauen mit ihren Kindern, waren dem Aufruf des Verkehrsvereins gefolgt und beteiligten sich mit großer Freude an der Säuberungsaktion. Für die 37-jährige Nataliia Borzenkova aus Charkiw, nach Kiew die zweitgrößte Stadt der Ukraine, ist Manfred Hänchen der „Commander“.

Beide haben sogar den gleichen Beruf. Nataliia Borzenkowa war in Charkiw Polizeibeamtin, bevor sie nach dem russischen Angriff vor etwa zwei Jahren mit ihrem Kind nach Deutschland geflohen ist und nun bei der Familie Zambelli in Behringersmühle ein neues Zuhause gefunden hat. Manfred Hänchen war bekanntermaßen bis zu seiner Pensionierung Ebermannstädter Polizeichef. Ebenfalls aus Charkiw kommt die 56-jährige Kinderärztin Nataliia Pomazan, die im ehemaligen BRK-Altersheim untergekommen ist. Sie hat eine Klangschale mitgebracht und entlockt ihr Töne, die ungewöhnlich sind aber beruhigen.

Höhenschwimmbad in Behringsmühle begeistern Ukrainer

„Das ist eine Therapie“, sagt die lebenslustige Frau, die auch Gitarre spielt. Sie liebt den Wald um Behringersmühle, fährt gerne Fahrrad und ist vom Gößweinsteiner Höhenschwimmbad begeistert, wie sie unserem Reporter erzählt. Beide Frauen lernen intensiv Deutsch, und im Juni sei dann die Abschlussprüfung ihres Deutschkurses. Dann möchten sie auch gerne irgendeine Arbeit annehmen, denn vorher dürfen sie es nicht. Für Hänchen ist dieses Gesetz nicht nachvollziehbar.

Abschlussgruppenbild mit einem Teil der Teilnehmer und dem zuvor eingesammelten Müll
Abschlussgruppenbild mit einem Teil der Teilnehmer und dem zuvor eingesammelten Müll // Thomas Weichert

Gerade auf einer Arbeitsstelle würden sie ja noch besser Deutsch lernen. „Es hat sehr viel Spaß gemacht“, sagt Nalaliia Pomazan zur Müllsammelaktion in und rund um Behringersmühle. „Vielen Dank für die Organisation und für die Einladung“, sagt auch ihre weitere Freundin, die 37-jährige Olena Panarina. Sie hat ein „Kuchenbackteam“ organisiert, das für Behringersmühler ukrainische Spezialitäten als Geschenk gebacken hat. Dem Backteam gehören neben ihr, der Borzenkova und der Pomazan noch Tatjana und Julia Zelenskaja, Irina-Terenekovia Golub, Tatjana Grigoriera und Nataliia Cherkossova an.

Ukrainische Spezialitäten an Behringersmühle

„Vielen Dank für deine Einladung“, sagt Olena Panarina zu Manfred Hänchen, als sie ukrainische Köstlichkeiten übergibt. Das eine ist ein Pfannkuchen, deftig gefüllt mit Hackfleisch, Reis und Zwiebeln. Ein anderes Gebäck, das wie ein großes Brötchen aussieht, zu dem die Behringersmühler „Labla“ sagen, heißt auf ukrainisch „Pirozhki“. Der kleine ukrainische Kuchen besteht aus Eiern, Reis, Mehl und Zwiebeln, wie Nataliia Pomezan erklärt. Obwohl es ihnen in Behringersmühle gefällt und sie die Einheimischen als sehr nett empfinden, hoffen die Frauen dennoch, dass der Krieg bald endet und sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können.

Nataliia Pomezan (r.) und Natalliia Borzenkova mit herzhaften Pfannkuchen
Nataliia Pomezan (r.) und Natalliia Borzenkova mit herzhaften Pfannkuchen // Thomas Weichert

Charkiw hatte vor dem russischen Überfall rund 1,5 Millionen Einwohner. Rund eine Millionen davon sind inzwischen geflüchtet und vieles in der einst blühenden Metropole an der Mündung des Flusses Charkiw ist zerstört. Der örtliche Verkehrsverein hatte sich erst vor zwei Wochen während seiner Hauptversammlung entschieden, die Ukrainerinnen und Ukrainer zu ihrer Aufräumaktion einzuladen. „Es sollte ein Integrationsversuch werden, der nun auch wunderbar geklappt hat“, freut sich Hänchen.

Behingersmühle: Geflüchtete Ukraine wohnen in BRK-Heim

Und ergänzt: „Mit so vielen Leuten habe ich wirklich nicht gerechnet, und ich bin nun positiv überrascht, dass wirklich so viele teilgenommen haben.“ Das Verhältnis zwischen den Behringersmühlern und Ukrainern sei sehr entspannt. Dies hatte auch schon der stellvertretende Ebermannstädter Polizeichef Georg Götz während des Gemeindebesuchs des Landrats vergangene Woche bestätigt. „Übergriffe von Flüchtlingen auf Behringersmühler Bürger hat es nie gegeben“, sagte Götz.

Dass es in der größten Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen BRK-Heim aber mal zu Unstimmigkeiten zwischen Bewohnern kommt, sei normal. Dass so viele Ukrainer an der „Rama Dama Aktion“ teilnahmen, liegt aber vor allem an einer ukrainischen Reinigungskraft, die seit zwei Jahren zur vollsten Zufriedenheit von Chef Mirco Winkler in seinem Hotel „Behringers“ arbeitet. Seine Mitarbeiterin habe ihn gefragt, „ob wir jemanden suchen“. Nun habe man den Anfang gemacht und müsse dranbleiben.

Dietmar Winkler spendiert Wiener bei Rama Dama

Der örtliche Metzgermeister Dietmar Winkler, auch CSU-Marktgemeinderat, hatte gerne die heißen Wiener Würstchen im Brötchen für alle Teilnehmer spendiert, und der Verkehrsverein die Getränke dazu. So geht Integration. Hänchen schiebt hinterher: „Es hat sich viel in kurzer Zeit in Behringersmühle verändert.“ Im Gespräch ist bereits eine neue Idee in Sachen Integration. Ein „Deutsch-Ukrainisches Dorffest“ im Kurpark. Man darf darauf gespannt sein.

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