Wütend, traurig und frustriert: Knapp 100 Erzieherinnen und Erzieher haben am Mittwochmorgen vor dem Forchheimer Bahnhof gestreikt und ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu dem Warnstreik aufgerufen. Alle städtischen Kitas in Forchheim sowie der Waldkindergarten, die Kita Lohe in Hausen und die Kita Bammersdorf in Eggolsheim haben sich beteiligt.
„Unser Engagement für das wichtigste Gut der Menschheit wird nicht wertgeschätzt. Zeit mit dem Kind wird knapper und hektischer“, beschreibt Monika Kaiser, Leiterin des Gerhardinger Kinderhauses in Forchheim, die prekäre Situation des Kita-Personals.
Zeit fehlt überall
Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen fordern mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen und nachhaltige Regelungen zur Verbesserung des Fachkräftemangels. Darüber hinaus fehle Zeit für Vor- und Nachbereitung, für die Einarbeitung von Praktikantinnen und Praktikanten und zur Weiterqualifizierung. „Es fehlt die spürbare Anerkennung unserer Arbeit. Gerade während der letzten zwei Jahre war deutlich zu erkennen, wie wichtig wir für die Familien und die ganze Gesellschaft sind“, betont Kaiser.
Schockiert ist sie besonders darüber, dass die Arbeitgebervereinigung VKA nun nicht einmal ein Angebot machen wolle. „Das ist für mich ignorant, versnobt und ich empfinde es als unverschämt. Sie wissen nichts von unseren Aufgaben. Sie wissen nicht, was es heißt, bis zu 25 Kinder zu betreuen. Sie wissen nicht, wie oft wir gesellschaftliche, familiäre und soziale Probleme auffangen.“
Kaiser forderte darüber hinaus eine Corona-Prämie.
Arbeitsbedingungen sind Glückssache
Ein bisschen scheint es auch Glückssache zu sein, unter welchen Bedingungen die Erzieherinnen und Erzieher arbeiten. Ein Positivbeispiel kann Veronika Dippacher erzählen. „Wir haben einen guten Arbeitgeber hier in Hausen“, sagt die Leiterin der Kita Lohe.
Dennoch beteiligt sie sich mit ihren Kolleginnen am Streik. „Aber wir streiken nicht gegen die Gemeinde“, sagt sie schnell. „Sondern weil wir uns grundsätzlich um die Zukunft unserer Branche sorgen. Wir wünschen uns, dass es allen so gut geht wie uns.“
Gehälter steigen oft lange nicht
Ein Problem zum Beispiel sei es, erzählt Dippacher, dass die Gehälter zumeist der Frauen ab einem gewissen Punkt selten stiegen. Laut Tarifvertrag erhöhen sich die Gehälter je nach Erfahrung, Tätigkeit und Anstellungsdauer. Nur: Nicht selten verfielen angesammelte Berufsjahre beim Wechsel der Arbeitgeber, auch mache sich bemerkbar, dass viele in Teilzeit arbeiteten. „Oft bleiben die Kolleginnen in niedrigeren Stufen hängen. Das trifft vor allem Alleinerziehende.“
Auch Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne) und SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzender Reiner Büttner, die vor Ort mit dem Kita-Personal sprachen, wollen sich für die Streikenden einsetzen. „Wir werden in die nächste Krise schlittern, wenn wir hier nichts tun und machen“, betonte Badum.
„Wie lange möchte der Arbeitgeberverband noch warten, bis endlich der Fachkräftemangel und die dadurch resultierenden Beeinträchtigungen der pädagogischen Arbeit beseitigt werden? Liebes pädagogisches Personal, haltet durch und kämpft weiter für unsere Kinder“, postet Büttner im Anschluss der Veranstaltung auf seiner Facebook-Seite.
Die Streikenden machten sich anschließend gemeinsam auf den Weg nach Nürnberg, wo bei einer Großkundgebung weiter gestreikt wird.
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