0
Diamant-Hochzeit in Neustadt
Die Schwiegermama hatte noch Angst wegen der DDR
Diamantene Hochzeit in Neustadt: Angst wegen der DDR
60 Jahre Glück: Die Eheleute heute. // Martin Rebhan
Signet des Fränkischen Tags von Martin Rebhan Fränkischer Tag
Neustadt bei Coburg – Wer Hannelore und Gerhard Pechtold gegenübersitzt, blickt einem Ehepaar in die Augen, das eine tiefe innere Zufriedenheit ausstrahlt. Die beiden blicken auf 60 gemeinsame Jahre zurück.
Artikel anhören

Dass sich die Jubilare überhaupt über den Weg gelaufen sind, war beiden bei weitem nicht ins Stammbuch geschrieben. Ihre beiden Heimatorte waren rund 400 Kilometer voneinander entfernt.

Der 1937 geborene Jubilar wuchs in Neustadt auf. Die Jubilarin, Jahrgang 1943, verbrachte Kindheit und Jugend in Kirchbichl (Bezirk Kufstein, Tirol). Dass sie sich kennenlernten, war einem gewissen Karl Rebhan zu verdanken, der in Neustadt nicht nur eine Spedition betrieb, sondern mit einem Reisebus auch Fahrten, unter anderem auch nach Kirchbichl, anbot.

Zwar hat sich Gerhard Pechtold so einer Reisegruppe nicht angeschlossen, er war aber der Meinung er müsse sein Zelt in sein Auto packen, mit einem Freund nach Kirchbichl fahren, um sich dort mit Karl Rebhan und dessen Reisegruppe zu treffen. Der Platz, an dem er sein Zelt aufschlug, lag auf dem Arbeitsweg von Hannelore Russ, wie die Jubilarin damals hieß.  „In der Mittagspause kam ich mit Gerhard ins Gespräch“, erinnert sich Hannelore. Aus diesem Gespräch im Jahr 1963 entwickelte sich eine Liebe, die bis heute lebt.

An der DDR-Grenze konnte man „ganz normal“ leben

Horst Teltschik bei Gedenken zu Mauerfall an Grenze Eisfeld
Die Gedenkstätte im ehemaligen Grenzturm zwischen Coburg und Eisfeld. // Fajsz Deáky

Dabei wusste Hannelore zuerst überhaupt nicht, wo Neustadt bei Coburg liegt. Als dann in ihre Familie erfuhr, dass die Puppenstadt an der Grenze zur damaligen DDR liegt, bekam es Hannelores Mutter mit der Angst zu tun. Gerhard Pechtold erinnert sich noch gut, dass seine Schwiegermutter Sorgen um ihr „Madel“ hatte, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass man westlich der Grenze „ganz normal“ leben konnte.

Es hat etwas gedauert, bis ich mit der Mentalität der Neustadter klargekommen bin.

Hannelore Pechtold Feiert diamantene Hochzeit

Ostern 1964 war es dann so weit. In einem VW-Käfer holte Gerhard Pechtold „seine“ Hannelore ab und brachte sie in die Puppenstadt. „Es hat etwas gedauert, bis ich mit der Mentalität der Neustadter klargekommen bin“, erzählt Hannelore Pechtold mit einem Lächeln. Diese Zeit gehört aber längst der Vergangenheit an. Natürlich wollte die Jubilarin auch ihren Anteil zum Familieneinkommen leisten. „Aber als mir angeboten wurde in einem Fischgeschäft zu arbeiten, habe ich sofort gesagt, alles andere, aber ja keinen Fisch“. Während Gerhard Pechtold seine „Brötchen“ als Installateur verdiente, arbeitete die Jubilarin über 30 Jahre lang in einer Bäckerei, und wurde für ihre Kunden nach und nach zu einer Bekannten.

Hochzeit an Ostern

Diamantene Hochzeit in Neustadt: Angst wegen der DDR
Der glücklichste Tag im Leben von Hannelore und Gerhard. // Repro: Martin Rebhan

Am Gründonnerstag, dem 15. April 1965, wurde dann aus Hannelore Russ Hannelore Pechtold. Die kirchliche Trauung folgte am 19. April, einem Ostermontag, im Heimatort der Jubilarin in Kirchbichl. Gerhard Pechtold erinnert sich, dass ein ganzer Tross aus Fahrzeugen von Neustadt nach Tirol aufbrach, um das Ereignis zu feiern.  Eine „richtige“ Familie wurde aus dem Paar, als 1967 Sohn Frank auf die Welt kam. Aus dem Trio wurde dann 1968 mit Tochter Angelika ein erfolgreiches Quartett.

Heute sind Hannelore und Gerhard glücklich, dass ihre Kinder ebenfalls in der Puppenstadt leben und regen Kontakt mit ihnen pflegen. Und besonders stolz sind die beiden auch auf ihre vier Enkel und fünf Urenkel, die ihnen ebenfalls zu diamantenen Hochzeit gratulieren. Eine Überraschung flatterte ihnen per Post zu. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder schickte Glückwünsche. Oberbürgermeister Frank Rebhan gratulierte gar persönlich. 

Inhalt teilen