Punkt 18 Uhr erschallten am Samstagabend für fünf Minuten die Glocken der katholischen und evangelischen Kirchen Kulmbachs sowie der Plassenburg. Das Geläut erinnerte auf Initiative des Vereins „Freunde der Plassenburg“ an die Zerstörung der Stadt am 26. November 1553 – den sogenannten Konraditag. Die Erstürmung der Residenzstadt zu Füßen der Plassenburg war der dramatische Höhepunkt des Zweiten Markgrafenkriegs.
Eine Mahnung bis heute
Bei der Gedenkveranstaltung im Innenhof des Langheimer Amtshofs zog der Vorsitzende der „Freunde der Plassenburg“, Peter Weith, Parallelen zum aktuellen politischen Geschehen. „Wir gedenken der Toten des 16. Jahrhunderts in Franken, ohne die Toten des heutigen Krieges in der Ukraine zu vergessen. Uns allen sollten die Ereignisse von 1553 eine Mahnung sein.“
Warum gab es Krieg?
Die historischen Hintergründe des Konraditages, der zum Untergang Kulmbachs führte, erläuterte vor der prunkvollen Fassade des Amtshofs der stellvertretende Vereinsvorsitzende Holger Peilnsteiner. 500 Jahre wäre Markgraf Albrecht Alcibiades in diesem Jahr alt geworden. Deshalb stand in diesem Jahr ausnahmsweise die Person des Markgrafen im Zentrum der Gedenkveranstaltung. Um die ererbte Schuldenlast seines Fürstentums Brandenburg-Kulmbach abzutragen, verdingte sich der Spross der Familie Hohenzollern als Söldnerführer. Immer wieder kämpfte der Markgraf von Kulmbach für Kaiser Karl V. oder dessen Gegner. Als Grund für den Zweiten Markgrafenkrieg werde immer wieder behauptet, er wollte ganz Franken als Herzogtum vereinigen. „Die wichtigsten Gründe für diesen Krieg waren aber tatsächlich die Abtragung der Schuldenlast und der Erwerb von Ländern und Rechten in und um sein zersplittertes Territorium in Franken.“
Belagerung und Erpressung
Da er sowohl von Kaiser Karl V. als auch vom französischen König Heinrich II. versprochene Soldzahlungen und Belohnungen nicht erhalten hatte und immer wieder vertröstet worden war, nutzt Albrecht ab 1552 seine militärische Stärke, um damit Geld zu erpressen. Er belagerte und erpresste Nürnberg, griff die Bischöfe von Würzburg und Bamberg an und eroberte die Bischofsstädte Mainz, Worms und Speyer. Während er im Frühjahr 1553 nach Norddeutschland zog, begehrten die fränkischen Bistümer und die Reichsstadt Nürnberg in seiner Abwesenheit auf und verbündeten sich mit König Ferdinand I. von Böhmen, Moritz von Sachsen und vielen weiteren Fürsten gegen Albrecht.
500 Kanonenschüsse am Tag
Bereits im Juli 1553 wurde Kulmbach für drei Wochen belagert, allerdings erfolglos. Im November kam es zu einer zweiten Belagerung. Feindliche Truppen bezogen am 18. November 1553 rund um die Stadt Stellung. Die Stadt wehrte sich erbittert und jede Nacht mauerte man notdürftig die tagsüber beschossene Stadtmauer wieder zu. Am 25. und 26. November wurde der Beschuss immer intensiver, man zählte jeden Tag über 500 Kanonenschüsse. Die Schäden an den Mauern konnten nicht mehr repariert werden. Die Soldaten in der Stadt flohen am 25. und 26. November zur Plassenburg.
Erschlagen, verhungert, erfroren
Der Feind bemerkte die dadurch geschwächte Verteidigung und stürmte in die Stadt. Während die eigenen Truppen Teile Kulmbachs anzündeten, versuchte die Bevölkerung zu fliehen. Eine Flucht zur Plassenburg war zwecklos, denn deren Tore blieben verschlossen. Wer nicht erschlagen wurde, verhungerte, denn die Feinde hatten alle Nahrungsmittel geraubt. Nur wenige schafften es in benachbarte Fürstentümer. Zeitgenössische Quellen berichten von einer Frau, die erfroren mit zwei Kindern und einem Hündchen in einem Keller gefunden wurde.
Die Plassenburg hielt noch bis zum Sommer 1554 stand, bevor sie an die Belagerer übergeben wurde. Der Markgraf hingegen floh zunächst nach Frankreich und lebte dann noch einige Monate bei seiner Schwester Kunigunde in Pforzheim, wo er 1577 überraschend im Alter von nur 35 Jahren starb.
Brandstellen noch heute zu sehen
Dekan Friedrich Hohenberger stimmte in seinen Worten zu den Geschehnissen die Anwesenden sehr nachdenklich. „Kriege sind nichts, das man nur in der Vergangenheit kannte. Auch heute leiden Menschen sogar in Europa unter ähnlichen Katastrophen wie die Kulmbacher im Jahr 1553.“ Hohenberger zufolge zeugen auch heute noch in einem der Gemeinde gehörenden Haus neben der Petrikirche verkohlte Stellen im Mauerwerk von der Katastrophe von 1553.
Bei der Gedenkveranstaltung kosteten die mehr als 50 Besucher fasziniert von den Kulmbacher Hobelspänen, einem Fastengebäck, das im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Teilen Frankens und Thüringens in der Vorweihnachtszeit hergestellt wurde, und das der Kulmbacher Grünwehrbeck zu diesem Anlass gebacken hatte.
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