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Kriminalität
Mordversuch an Frau auf Spielplatz - «blind vor Wut»
Prozess um Messerattacke auf Spielplatz
Der Angeklagte räumte am ersten Prozesstag den Angriff auf seine Frau ein. // Daniel Karmann/dpa
Prozess um Messerattacke auf Spielplatz
Der Angeklagte soll mehr als 20 Mal mit einem Messer auf seine von ihm getrennte Frau eingestochen haben. // Daniel Karmann/dpa
von dpa
Nürnberg – Mehr als 20 Mal soll ein Mann mit dem Messer auf seine Frau eingestochen haben. Ihre Kinder mussten das mit ansehen - und retteten ihr wahrscheinlich das Leben.
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Noch immer hat sie Probleme mit den Händen und große Angst: Eine 34-Jährige leidet noch heute unter dem Messerangriff ihres Mannes vor den Augen der gemeinsamen Kinder und vieler anderer Menschen auf einem Spielplatz in Mittelfranken. Sie befürchte ständig, dass jemand sie von hinten attackieren könnte, sagte sie zum Prozessauftakt am Montag vor dem Landgericht in Nürnberg. Dort ist der Mann, von dem sie sich getrennt hatte, wegen Mordversuchs angeklagt. 

Der 41-Jährige aus Syrien soll im vergangenen Juli auf einem Spielplatz in Hersbruck mehr als 20 Mal auf die Frau eingestochen haben. Die Frau überlebte nur, weil ihre Tochter, ihr Sohn und zwei andere Frauen ihr zu Hilfe eilten - und diese schnell in ein Krankenhaus für eine rettende Operation kam. Es sei alles so schnell gegangen, sagte sie vor Gericht. Die Tat habe sie wie durch einen Nebel erlebt. Trotz der Drohungen in den Monaten zuvor habe sie nicht damit gerechnet, dass er sie in der Öffentlichkeit angreifen würde.

Angeklagter spricht von posttraumatischer Belastungsstörung

Der Angeklagte räumte den Angriff auf seine Frau vor Gericht ein. Er übernehme die Verantwortung für das Leid, dass er seiner Familie zugefügt habe, sagte er laut einer schriftlichen Erklärung, die seine Verteidigerin verlas. Er sei vor Jahren als Flüchtling nach Deutschland gekommen und habe in syrischer Haft Schlimmes erlebt. Seitdem litt er an Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung, wie aus einem Gutachten hervorgeht, das vor Gericht verlesen wurde. 

Das Motiv für die Tat war aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber die Trennung: Diese habe der Angeklagte aus übersteigertem Besitzdenken nicht akzeptieren wollen, sagte Oberstaatsanwältin Renate Steinheimer. Die Frau hatte ihr zufolge die Beziehung bereits Ende 2022 beendet und ein Kontaktverbot gegen ihren Mann erwirkt, weil er gedroht hatte, sie zu töten und gewalttätig geworden war. 

Tochter stellt sich Angreifer in den Weg

Am Tag der Tat hatte sich die Frau mit ihren drei Kindern und Freunden abends auf einem Spielplatz in Hersbruck getroffen. Der Angeklagte habe sich der Frau dort von hinten genähert und ein Klappmesser gezückt, sagte Steinheimer. Als seine 15-jährige Tochter sich ihm in den Weg gestellt habe, habe er ihr in den Bauch gestochen. Dann habe er seine Frau an den Haaren gepackt, vornüber zu Boden gerissen und auf Kopf, Gesicht und Rücken eingestochen. 

Der damals elfjährige Sohn und zwei Freundinnen der Frau versuchten laut Anklage, den Angreifer von seinem Opfer herunterzuziehen. Gerade als er seiner Frau das Messer in den Hals habe stoßen wollen, habe sich die verletzte Tochter erneut dazwischen gedrängt und mit ihrem Arm den Stich abgewehrt, sagte Steinheimer. Auch eine Freundin seiner Ehefrau verletzte der Angeklagte mit dem Messer.

Schließlich flüchtete der Mann. Die Polizei konnte ihn kurze Zeit später festnehmen. An die Tat selbst kann er sich eigenen Angaben nach nicht erinnern. «Ich war sprichwörtlich blind vor Wut», gab er in der schriftlichen Erklärung vor Gericht an. Er sei erst wieder in seinem Badezimmer zu sich gekommen, wo er die Blutflecken an sich bemerkt habe. 

Das Landgericht hat bis Anfang Juni neun Fortsetzungstermine angesetzt.

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