Bad Brückenau
Blick zurück und in die Zukunft
Amerikanische Panzer bewegen sich am Morgen des 5. April 1945 über die Ludwigstraße auf den Bad Brückenauer Marktplatz zu.
Amerikanische Panzer bewegen sich am Morgen des 5. April 1945 über die Ludwigstraße auf den Bad Brückenauer Marktplatz zu. // Otto Trapp, Stadtarchiv Bad Brückenau
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Bad Brückenau

Die Stadt Bad Brückenau lädt am 8. Mai um 17.30 Uhr ein, am Tag des Endes des 2. Weltkrieges in Europa gemeinsam den Blick zurück und in die Zukunft zu werfen. Die Veranstaltung findet auf der Außenbühne der Georgi Kurhalle statt (bei schlechtem Wetter in der Halle) und ist als musikalisches Gedenken angelegt. Laut einer Pressemitteilung des Kulturbüros der Stadt soll entlang der einzelnen Stücke ins Bewusstsein gerufen werden, was vor 1945 war, was der Augenblick der Kapitulation bedeutet haben könnte und was sich die Beteiligten von der Zukunft, vor allem Europas, erhoffen. Es soll Raum sein für das Gedenken an die Opfer, für Gebet und Fürbitten, für den Friedensgedanken.

Das musikalische Programm gestalten Jugendliche der Stadt: Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte von Mittelschule, Staatlicher Realschule und Franz Miltenberger Gymnasium, Carolin Klug Schäfer und Schülerinnen und Schüler der August Kömpel Musikschule sowie Mathilda Klug mit Gitarre und Gesang.

Unterstützt wird die Gedenkveranstaltung unter anderem vom Arbeitskreis Stolpersteine, Bad Brückenau hilft! e. V., der Evangelisch Lutherischen Kirchengemeinde, dem Förderkreis Europäische Städtepartnerschaften e. V., dem Pastoralen Raum Bad Brückenau und dem Volkersberg mit Tagungshaus, Jugendbildungsstätte und Lernwerk, heißt es weiter.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 endeten die Kampfhandlungen in Europa und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Erst mit der Kapitulation Japans aber am 2. September 1945, der die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki vorausgegangen waren, war der 2. Weltkrieg endgültig vorbei. Ein Krieg, der wohl über 60 Millionen Opfer gekostet hat, heißt es weiter in der Pressemitteilung.

Als „Tag der Befreiung“ bezeichnete 40 Jahre später der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker den 8. Mai 1945 in seiner berühmten Rede vor dem deutschen Bundestag in Bonn.

Vor 80 Jahren mögen das nicht alle so empfunden haben. Eine Befreiung war es sicher für die Opfer, für die Verfolgten des Hitler-Regimes, für die Menschen, die ins Exil geflüchtet waren, auch für diejenigen, die unter der deutschen Besatzung ihrer Heimatländer gelitten hatten.

Andererseits hatten die Propaganda der Nationalsozialisten und die Idee des Dritten Reiches zwölf Jahre lang breite Unterstützung in der Gesellschaft gefunden. Spätestens mit der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee aber stand der Weltöffentlichkeit das furchtbare Ausmaß der im Namen Deutschlands begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit klar vor Augen. Im Zuge des Holocaust waren um die sechs Millionen Jüdinnen und Juden systematisch in deutschen Konzentrationslagern ermordet worden, ein Völkermord, den Richard von Weizsäcker in seiner Rede als „beispiellos in der Geschichte“ bezeichnete, heißt es in der Pressemitteilung.

Städte in Schutt und Asche

In Deutschland selbst lagen Städte in Schutt und Asche, viele haben im Krieg und bei den Angriffen der Alliierten Menschen verloren, die ihnen nahestanden. Obdachlosigkeit, Vertreibung, Flucht und Kriegsgefangenschaft bestimmten das Leben vieler. Angst vor Vergeltung durch die Siegermächte, die nun das in verschiedene Zonen eingeteilte Land verwalteten, machte sich breit.

Die Chance des Neubeginns nach der Kapitulation, im westlichen Teil Deutschlands die Entwicklung demokratischer Freiheit und wirtschaftlicher Stärke, das konnten viele sicher erst im Rückblick erkennen und schätzen.

Die Stadt Brückenau kapitulierte am 5. April 1945. Ehrenbürgerin Else Prause, zu dieser Zeit Sekretärin des Brücke-nauer Landrats Baron von Freyberg, hat von März 1941 bis August 1945 nach im Landratsamt eingegangenen Meldungen Aufzeichnungen über das Kriegsgeschehen im Landkreis geführt. Am 4. April vermerkt sie: „Panzerspitze bei Jossa // 11.15 Uhr Feind mit 40 Fahrzeugen vor Roßbach, besetzt das Dorf, stößt weiter nach Rupboden // 12.30 Uhr heftige Kämpfe in Rupboden // 13.30 Uhr Bad Brückenau wird übergeben. Schwere Kämpfe zwischen Bad- und Stadt Bad Brückenau, Artilleriebeschuss auf die Stadt während der ganzen Nacht.“

Der handschriftliche Eintrag am 5. April lautet ganz lapidar: „7.30 Uhr deutsche Truppen räumen kampflos die Stadt. 8 Uhr (sic!) amerikanische Panzer rollen ein, die ersten Hausdurchsuchungen beginnen; Behörden und Ämter werden übergeben (…).“ (Quelle: Nachlass Marx, Stadtarchiv Bad Brückenau)

Nachdem das Bad Brückenau also am 4. April bereits kampflos an die Amerikaner übergeben worden war, tat man sich in der Stadt Brückenau selbst nicht so leicht. In der Nacht vom 4. auf den 5. April 1945 wurde offenbar zwischen deutscher Militärführung und Vertretern von Stadt und Landkreis schwer gerungen, ob die Stadt verteidigt werden oder kapitulieren soll. Gegenüber standen sich vor allem Bürgermeister Egid Trost, der ein Interesse daran hatte, Brückenau und seine Bevölkerung möglichst unbeschadet aus der Situation zu bringen, und Oberstleutnant Weiner, der die Stadt bis auf die letzte Patrone verteidigen wollte. Weiner hatte dabei vor allem die Verteidigung der Reichsstraßen nach Fulda und Bad Kissingen im Sinn, die er um jeden Preis dem Zugriff der US-Truppen vorenthalten wollte. Bürgermeister Trost gelang es schließlich, Oberst Grießbach, der seinen Befehlsstand in Wildflecken hatte, von einer Kapitulation der Stadt zu überzeugen. Dem Befehl Grießbachs musste sich Weiner in Brückenau zähneknirschend fügen. Am frühen Morgen des 5. April machte sich dann der Leiter der Rot-Kreuz-Bereitschaft, Karl Schöpfner, auf dem Fahrrad auf den Weg zu den US-Truppen, um ein entsprechendes Schreiben zu übergeben – auf Hin- und Rückweg unter deutschem Beschuss stehend. Ein Tag wie der 8. Mai ist eine gute und wichtige Gelegenheit, diese Ereignisse noch einmal lebendig werden zu lassen – gerade in einer Zeit, die vom anhaltenden Krieg Russlands gegen die Ukraine geprägt ist. red

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