„Menschen mit Behinderung gehören nicht an den Rand der Gesellschaft, sondern in die Mitte“, bekundete die mit einer ansteckenden Fröhlichkeit gesegnete Oberhirtin des Kirchenkreises Bayreuth. Mit großer Begeisterung feiere sie daher zusammen mit den katholischen Freunden die „Woche für das Leben“. Den angekündigten Ausstieg der EKD aus dem seit 30 Jahren bestehenden ökumenischen Projekt, bei dem man gemeinsam für den Schutz menschlichen Lebens in all seinen Phasen eintritt, bedauere sie sehr.
Seit 1994 wechselt die Organisation zwischen den beiden Kirchen; in diesem Jahr zeichnet die evangelische Seite verantwortlich. Bei der Konferenz der Dekane habe sie daher gefragt, wo man die Woche feiern könne. Dekanin Ulrike Schorn erzählte daraufhin von den tollen „Kids vom Ring“ sowie von der Lebenshilfe in Kronach. Lebenshilfe-Vorsitzender Florian Kleine-Herzbruch stellte die Einrichtung vor, die das Ehepaar Döring im Jahre 1968 als Hilfsverein für Eltern mit behinderten Kindern gegründet hatte. Aus bescheidensten Anfängen heraus werden in der Kronacher Lebenshilfe mittlerweile Menschen vom Säugling bis ins hohe Alter nachhaltig gefördert, betreut und unterstützt.
Interessiert erkundigte sich Greiner nach den unterschiedlichen Ursachen der Einschränkungen. Neben der Genetik können beispielsweise Probleme beim Geburtsverlauf oder auch Alkohol- bzw. Drogenkonsum der Mutter ursächlich sein. Lebenshilfe-Geschäftsführer Christian Cartus berichtete von einer auffälligen Häufung von Autismus, während Tagesstätten-Leiterin Marina Kremer einen Anstieg von Milieu-Familien wahrnahm, also Kinder aufgrund der häuslichen Verhältnisse behindert seien. Eine große Rolle spiele, so Sonderschulrektorin Marion Schönborn, auch der Migrationshintergrund, nachdem es in anderen Ländern zum Teil gar keine Schulen gebe. Einige dieser Kinder seien aufgrund ihrer fürchterlichen Erlebnisse traumatisiert. „Wir sind dem Bezirk sehr dankbar, dass wir hier so etwas Großartiges haben und hierfür so viel Geld in die Hand genommen wird.“
Wie notwendig dies sei, verdeutlichte Christian Cartus. Er befürchtet einen einschneidenden Wendepunkt, nachdem in Politikerkreisen die Rede davon sei, das Sozialsystem zurückfahren und wieder mehr der Wirtschaft zuspielen zu wollen. „Unsere Position ist, dass eine Wirtschaft nur gut laufen kann, wenn das Soziale ausgewogen und gesichert ist.“ Schon 2023 habe sich die AfD mehrfach gegen das Recht auf Inklusion ausgesprochen.
„Die Menschenwürde ist unteilbar, weil Gott uns alle liebt – egal, welche Begabungen oder Einschränkungen wir haben“, betonte Greiner. Wenn politische Parteien wieder anfingen, Menschen mit Behinderung an den Rand zu drängen, ihnen die Lebensmöglichkeit zu nehmen und als reinen Kostenfaktor zu erachten, sei dies unglaublich.
„Die Kids vom Ring haben mich voll integriert. Ich glaube, das war mein schönster Geburtstag“, zeigte sich die Regionalbischöfin danach völlig überwältigt von der in der Lebenshilfe Kronach herrschenden Lebensfreude.
Am Freitag, 12. April wird die „Woche für das Leben“ mit einem zentralen ökumenischen Gottesdienst in der Kronacher Christuskirche mit Regionalbischöfin Dorothea Greiner und Dekanin Ulrike Schorn sowie Erzbischof Herwig Gössl und Domkapitular Thomas Teuchgräber eröffnet. Beginn des Gottesdiensts – unter Mitwirkung von Beschäftigen der Wefa sowie musikalischer Umrahmung der „Kids vom Ring“ – ist um 17.30 Uhr.