Leon hat im ganzen Körper eine Muskelschwäche, die zu einer Entwicklungsverzögerung führt. „Das Greifen und die Feinmotorik sind hier ebenso betroffen wie die Sprache, das selbständige Essen oder - damit einhergehend - soziale Kompetenzen“, erklärt Renate Lichtblau. Sie ist Physiotherapeutin und Kindertherapeutin in Bad Berneck und arbeitet seit längerem mit Leon in ihrer Praxis.
Von Reittherapie, über Frühförderung bis zur Physio
Vormittags besucht der Junge einen Förderkindergarten, ansonsten kümmert sich seine Mama um ihn. Leon ist ein Einzelkind, und seine Eltern unterstützen ihn zu 100 Prozent. „Wir gehen mit ihm den Weg, fördern und fordern und schauen, wo wir am Ende rauskommen“, sagt Kim Prießmann.
Sie orientieren sich an dem, was er Neues kann. Das gehe zwar langsam, aber stetig voran. „Als Mama weiß ich, dass er irgendwann auf die Beine kommen wird.“ Sechs bis acht Termine haben Kinder wie Leon pro Woche zu absolvieren, von der Reittherapie über Frühförderung und Logopädie bis hin zur Physiotherapie.
Krankheit wirkt sich auf körperliche Entwicklung aus
„Leon ist ein sensibles und sehr glückliches Kind“, erzählt Kim Prießmann. Er spielt gerne Ball, liebt es zu reiten, will überall dabei sein. Die Krankheit wirkt sich auf seine körperliche, nicht jedoch auf seine geistige Entwicklung aus. Dennoch fühlt sich Familie Prießmann mit ihrem Sohn manchmal isoliert.
"Wir haben ganz andere Sorgen als andere Eltern"
„In normalen Kleinkind- oder Krabbelgruppen fühle ich mich stark unter Druck gesetzt, da geht es oft nur um das typische ‚Mein Kind kann...’" Das sei frustrierend. Der Alltag mit Leon sei anders. „Wir haben ganz andere Sorgen als andere Eltern.“ Man stoße schnell an seine Grenzen, alles sei ein Kampf, vom Krankenhaus bis zum Kindergarten.
+++ Bleiben Sie mit der Bayerischen Rundschau auf dem Laufenden und holen Sie sich jetzt unsere kostenlosen Newsletter. +++
Selbsthilfegruppen seien auch oft belastend, weil man sich zu sehr in einer „Krankheitsblase“ bewege, ergänzt Renate Lichtblau. Um Familien wie die von Leon besser miteinander zu vernetzen, hat sie deshalb zusammen mit der Hebamme Alexandra Schmidt-Maurer die Gruppe der "Alltagshelden" gegründet.
„Das ist eine gemischte Gruppe für all diejenigen, die in kein Schema passen“, erklärt sie. Das können Kinder mit genetischen Erkrankungen, Immunschwächen oder Entwicklungsverzögerungen sein - eben Kinder mit einer Pflegestufe. Für manche Kinder sei diese Gruppe der erste Kontakt zu anderen Kindern.
Die "Alltagshelden" sind mehr als nur eine Spielgruppe
„In dieser Gruppe ist Leon einer von vielen“, erklärt Kim Prießmann. Für sie sind die "Alltagshelden" mehr als nur eine Gruppe, in der sich die Kinder zum Spielen treffen und man miteinander nett plaudert. „Die anderen Eltern wissen einfach, in welcher Situation man sich befindet, man muss nicht viel erklären und alle achten aufeinander.“
Wertvolle Tipps und Ratschläge für Eltern
Und das auch in gesundheitlicher Hinsicht, denn sie alle wissen, was es heißt, wenn das eigene Kind einen Schnupfen hat - das könne schnell im Krankenhaus enden. In der Gruppe erhalte man auch viele Ratschläge, etwa zu Fragen wie „Wie beantrage ich einen Behindertenausweis?“, „Wo bekomme ich Unterstützung?“, „Wo ist ein Reittherapieplatz frei?“. Aber auch Infos zu speziellen Spielgeräten und andere Tipps. „Alles Dinge, über die sich andere Familien keine Gedanken machen müssen.“ Und die gemeinsamen Probleme würden auch zusammenschweißen.
Seit Januar trifft sich die Gruppe regelmäßig ein Mal pro Monat in Bad Berneck. Dann wird gespielt, miteinander gesungen oder musiziert. Wenn sich die Kinder im Spielbereich beschäftigen, können sich die Eltern austauschen, dann gibt es ein Abschlusslied, „alles ist ganz entspannt“, erklärt Renate Lichtblau.
Kerngedanke der Alltagshelden: "Ich bin nicht allein"
„Hier werde ich verstanden, kann mich über meine Ängste und Sorgen austauschen, oder einfach auch mal Dampf ablassen“, sagt Kim Prießmann. Und "Ich bin nicht allein" ist auch der Kerngedanke hinter der Idee der "Alltagshelden". „Das Vernetzen fehlt im Allgemeinen unter den betroffenen Familien“, sagt Physiotherapeutin Renate Lichtblau. Sie kenne in Oberfranken sonst kein vergleichbares Angebot, außer dass es manchmal Treffen in Frühförderstellen gebe. „In unserer Gruppe können sich die Kinder begegnen und Eltern und Kinder voneinander profitieren.“
Bei den Alltagshelden in Bad Berneck sind Plätze frei
Die Gruppe hat Kapazität für zwölf Kinder, einige Plätze sind noch frei. „Wir wollen gerne den Eltern Mut machen zu kommen“, sagt Renate Lichtblau, und Kim Prießmann ergänzt: „Manchmal haben Eltern Berührungsängste, jeder hat seine Probleme, aber in dieser Gruppe ist man gut aufgehoben.“
Treffen sind immer am zweiten Dienstag im Monat von 15 bis 16 Uhr, das nächste Mal also am 9. April 2024. „Es genügt, einfach kurz anzurufen und zu sagen, dass man kommt“, sagt Renate Lichtblau. Man könne auch mal nur zu einem Termin kommen, diesbezüglich gebe es keinen Druck. Und das Beste: Die Teilnahme an der Gruppe ist dank einer Förderung durch das Projekt Mariechen des Kinderschutzbundes kostenfrei.
Weitere Infos und Anmeldung zu den Alltagshelden
Informationen und Anmeldung unter Telefon: 0175/9265422 (Alexandra Schmidt-Maurer) und 0171/9954664 (Renate Lichtblau). Die Gruppe trifft sich in den Räumen der Zweigstelle der Physiopraxis Goldkronach, Maintalstraße 60 in Bad Berneck.
Lesen Sie auch: