Der Fall ist Angelika Enzmann noch lebhaft im Gedächtnis: Kaum hatten sich zu Beginn des Jahres 2024 die Hundezwinger im Kulmbacher Tierheim etwas geleert, weil es gute Vermittlungserfolge gab, tapsten plötzlich sechs Welpen umher und zeigten dazu vier Junghunde ihre ausgelassene Lebensfreude. Alles Husky-Mischlinge – und alle stammten aus einem Haus. Genauer gesagt von einer privaten Züchterin aus dem Landkreis Kulmbach, die mit der Nachwuchsfülle aber irgendwann schlicht nicht mehr klargekommen ist.
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„Man hatte in diesem speziellen Fall damit rechnen müssen, dass hier in absehbarer Zeit mal ein größerer Schwung bei uns vor der Haustür stehen wird, denn da ist bekanntermaßen schon länger was im Busch gewesen.“ Zehn auf einen Streich – so etwas kann ein Tierheim schnell überfordern. Und solche Fälle von sogenanntem Animal Hoarding – also dem „Tier-Sammeln“, nehmen leider zu, sagt die Tierschützerin.
Anfragen auch aus Coburg und Kronach
Das Kulmbacher Tierheim wird nicht nur angefragt, wenn Fälle aus der Stadt oder dem Landkreis Kulmbach akut werden, sondern auch überregional. Zwei Hunde sind aus Coburg nach Ködnitz gekommen, die jüngsten Übernahmen stammen aus dem Landkreis Kronach. „Ich mache es möglich, wenn ich es überblicken kann.“
Aktuell geht gar nichts, „wir sind bei den Hundezwingern faktisch voll“. Es kamen zuletzt einige ältere Tier herein, die zudem kostenintensiv sind. „Da reden wir von aufwendigen Zahnsanierungen, von Operationen an Knochen und Gelenken oder der Versorgung von Bisswunden.“
Insofern muss sie auch Hilfe für andere Einrichtungen absagen. Unter anderem hatte das Tierheim Münster um dringende Unterstützung gebeten, als auf einem Anwesen 70 (!) Hunde, darunter echte Kaventsmänner wie Herdenschutzhunde, vom zuständigen Veterinäramt abgeholt wurden. „Ich muss ja gewährleisten, dass ich – so sieht es unsere vertragliche Verpflichtung vor – die Fundtierversorgung hier im Kreis erfüllen kann. Da kann ich nicht einfach sagen, ich nehme fünf solcher Hunde, zumal aufgrund der Rasse die Vermittlungschancen eher schlecht stehen. Ich brauche immer eine gewisse freie Kapazität in den Zwingern für Notfälle aus unserer Region.“
Nochmals zurück zu den erwähnten Huskys: Da die Tierhalter die Vierbeiner – mehr oder weniger – freiwillig herausgegeben haben, handelte es sich um keine amtliche Wegnahme, die das Veterinäramt veranlasst. Heißt aber im Umkehrschluss: Der Tierschutzverein bekommt die Kosten für die Unterbringung und das Aufpäppeln der Hunde nicht von der Behörde erstattet. „Mir ging es in erster Linie darum, die Hunde da rauszuholen“, sagt die Tierheimleiterin rückblickend. „Wenn wir noch länger gewartet hätten, wären es vielleicht schon doppelt so viele Tiere gewesen – und was wäre dann?“ Immerhin konnten die Hunde vermittelt werden, was wiederum Gelder via Gebühr in die Kasse spülten. Nicht selten ist das ein Nullsummenspiel, wenn nicht sogar ein Draufzahlgeschäft.
Wo endet „Tierliebe“ und fängt krankhaftes Verhalten an? Ist eine Zucht reines Hobby und damit ohne Auflagen gestattet – oder benötigt man dafür eine gewerbliche Erlaubnis nach Paragraf 11, Absatz 1 Nr. 8a Tierschutzgesetz (TierSchG)? Eine nicht unerhebliche Unterscheidung, denn daraus resultieren mögliche Strafen. Wer nämlich als gewerblicher Züchter gegen Vorgaben des Tierschutzgesetzes verstößt, kann mit einem Bußgeld von mehreren Zehntausend Euro belegt werden.
Deutscher Tierschutzbund meldet erschütternde Zahlen
Seit 2008 sammelt der Deutsche Tierschutzbund Informationen zu bekannt gewordenen Animal-Hoarding-Fällen und wertet diese seit 2012 regelmäßig aus. Demnach waren seit Beginn der Erhebung in Deutschland mehr als 42.000 Tiere betroffen. Am häufigsten handelt es sich dabei um Katzen, aber auch kleine Heimtiere wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Ratten werden oftmals gehortet.
Allein 2023 hat der Verband 115 Animal-Hoarding-Fälle mit 6.691 betroffenen Tieren protokolliert – so viele wie nie zuvor. Das zeigt die aktuelle Auswertung. In vielen Fällen bergen Tierschützer bei Rettungsaktionen auch tote Tiere. Diese können häufig gar nicht alle gezählt und erfasst werden, ebenso wie der Nachwuchs trächtiger Tiere. Die Zahlen sind als Mindestwerte zu verstehen, so die Tierschützer – von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen.
Das ist „Franken helfen Franken“
Um den Tierschützern bei ihrer Arbeit zu helfen, haben wir uns in der Redaktion entschlossen, die diesjährige Spendenaktion von „Franken helfen Franken“ dem Tierschutzverein Kulmbach zu widmen. Die Mediengruppe Oberfranken (mgo) erreicht über ihre Zeitungen sowie ihr Internetangebot jeden Tag unzählige Menschen. Das nutzt die mgo, um Hilfsbedürftige oder Einrichtungen dieser Art in ganz Franken zu unterstützen. Seit 2009 gibt es daher den Spendenverein „Franken helfen Franken“. Alle Spenden gehen zu 100 Prozent an gemeinnützige Organisationen oder in Not geratene Menschen in der Region. Die Verwaltungskosten übernimmt die Mediengruppe Oberfranken.
Wenn Sie die Arbeit der Tierschützerinnen und Tierschützer in und für Kulmbach unterstützen möchten, können Sie das über folgende Bankverbindung tun:
Spendenkonto Mediengruppe Oberfranken – Franken Helfen Franken e.V.
Sparkasse Bamberg: IBAN DE 62 7705 0000 0302 1945 01, BIC BYLADEM1SKB
Verwendungszweck: Tierschutzverein Kulmbach
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