DGB Kundgebung zum Tag der Arbeit
„Die neue Bundesregierung muss schnell liefern“, forderte die Hauptrednerin der DGB Kundgebung zum Tag der Arbeit, Nicole Ehrsam. // Martin Rebhan
„Schäbige Debatte und gefährliche Entwicklung“
Signet des Fränkischen Tags von Martin Rebhan Fränkischer Tag

Mindestlohn, Tariftreue, böse Kritik an Arbeitnehmern – die Gewerkschaften fordern auch in Coburg vieles von der Bundesregierung, die es noch gar nicht gibt.

 //  Coburg
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Auch die Maikundgebung auf dem Coburger Albertsplatz stand im Zentrum dessen, was jetzt in der Bundespolitik passiert. 

„Es steht viel im Koalitionsvertrag“

Nicole Ehrsam, erste Bevollmächtigte der IG Metall Coburg, war Hauptrednerin der Veranstaltung. In ihrer Rede machte sie deutlich: Trotz vergangener Erfolge gebe es für die Gewerkschaften noch zahlreiche Herausforderungen. Sie kritisierte, dass das Verhältnis zwischen Arbeitgebern, Politik und Gewerkschaften weiterhin unausgeglichen sei. Vor allem richtete Nicole Ehrsam ihren Blick auf die neue Bundesregierung. „Es steht viel im Koalitionsvertrag, die Regierung wird sich an der Umsetzung messen lassen müssen“, betone Nicole Ehrsam.

DGB Kundgebung
DGB Kreisvorsitzender Stephan Bühling dankte Nicole Ehrsam, die als Hauptrednerin die derzeitige Situation der Beschäftigten unter die Lupe nahm. // Martin Rebhan

Die Gewerkschaftlerin unterstrich die zentralen Forderungen nach einem Tariftreuegesetz und einem Anstieg des Mindestlohnes, dessen Einführung sie als einen Erfolg bezeichnete. Nicole Ehrsam: „Aber 12,82 Euro reichen nicht aus. Wer 40 Stunden in der Woche arbeitet, soll davon leben können ohne Armut ohne Abhängigkeit“. Als eine „schäbige Debatte und gefährliche Entwicklung“ bezeichnete sie Aussagen von Arbeitgeberlobbyisten, die Beschäftigte ständig als zu teuer, zu krank, zu faul diffamieren und im gleichen Atemzug längere Arbeitszeiten, einen ausgedünnten Kündigungsschutz und die Abschaffung sozialer Rechte fordern. „Damit muss Schluss sein“, rief sie den Teilnehmer zu.

Arbeitnehmer müssen Missmanagement ausbaden

Ein weiterer Schwerpunkt der Rede: Zuwanderung und Vielfalt. „Die Zuwanderung ist keine Bedrohung, sondern unsere Zukunft. Millionen Menschen ohne deutschen Pass halten unser Land am Laufen“, hielt Nicole Ehrsam fest und ergänzte: „Vielfalt ist unsere Stärke. Ob bei der Arbeit oder in der Gesellschaft, wir lassen nicht zu, dass Hass, Hetze und Ausgrenzung unser Land spalten.“ Für sie steht fest, dass oftmals Arbeitnehmer sind, die ein Missmanagement in den Chef-Etagen ausbaden müssen. „Nicht mit uns, wir sind nicht schuld an der Flaute“, rief Nicole Ehrsam. Erschreckend ist für sie, dass es nur noch in sieben Prozent der Unternehmen eine betriebliche Mitbestimmung durch einen Betriebsrat gibt. „Ohne Mitbestimmung gibt es keine soziale Marktwirtschaft“ hielt Nicole Ehrsam abschließend fest.

DGB Kundgebung zum Tag der Arbeit
Giesel Neuer, Norbert Jungkunz und Irmgard Jugel-Hedrich legten mit drei Alltagsszenen Fakten statt Stammtischparolen zum Bürgergeld auf den Tisch. // Martin Rebhan

Sauerteig verteidigt Arbeitnehmer

In seiner Rede ging OB Dominik Sauerteig auf die Übernahme der Regiomed Kliniken durch Sana ein. Er sagte, dass anders als regelmäßig suggeriert wurde, die Arbeitnehmerinteressen, die auch durch den Oberbürgermeister der Stadt Coburg vertreten wurden, bei den Verhandlungen immer mit am Tisch waren. „Dass das Eintreten durch die Spitzen von Stadt und Landkreis Coburg für Arbeitnehmerinteressen ernsthaft hinterfragt wurde, hat mich schon etwas nachdenklich gestimmt“, gab sich Dominik Sauerteig kritisch. Ein Seitenhieb konnte er sich nicht verkneifen, als er meinte, dass die herannahenden Kommunalwahlen einzelne Stadträte dazu bewegen, Veranstaltungen zu besuchen, die man bisher nicht einmal vom Hörensagen kannte.

Mit Blick auf die neue Regierung in Berlin meinte der Oberbürgermeister, dass Arbeitnehmerinteressen nicht in allen Teilgebieten des Koalitionsvertrages berücksichtigt seien.

Oberbürgermeister am 1. Mai
„Brüder in eins nun die Hände“ hieß es auf dem Coburger Albertsplatz auch für Oberbürgermeister Dominik Sauerteig und seinem Vize Hans-Herbert Hartan.

Bürgergeld, Vermögenssteuer Tarifbindung

MdB Johannes Wagner (Bündnis90/Die Grünen), kritisierte die aktuelle „Neiddebatte“, die weniger gegen die „Superreichen“, sondern zunehmend gegen die Armen richte. „Statt endlich Vermögende stärker in die Verantwortung zu nehmen, schaut man lieber auf die Menschen im Bürgergeld“, so Wagner. Der Abgeordnete weiter: „Der 1. Mai erinnert uns daran, dass nichts von dem, was wir heute haben, selbstverständlich ist“.

Der DGB-Kreisvorsitzende, Stephan Bühling, sieht die dringende Notwendigkeit, einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung zu schaffen und ein Tariftreuegesetz in Kraft zu setzen. Nach seiner Meinung stehlen sich immer mehr Arbeitgeber aus ihrer Verantwortung und sorgen für unfaire Löhne. Auch sprach er sich deutlich dafür aus, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. „Reiche und Superreiche müssen ihren fairen Beitrag leisten, um den Haushalt zukunftsfest zu machen“, war von Stephan Bühling zu hören.

 Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Harald Demetz. Zum Abschluss sangen alle das Arbeiterlied „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“.

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