0
Preis für Bachelorarbeit
Eine Coburgerin macht Demenzkranken neue Hoffnung
Matthia Leyendecker aus Coburg ist Absolventin der Internationalen Hochschule in Erfurt (Studiengang UX-Design)
Matthia Leyendecker aus Coburg ist Absolventin der Internationalen Hochschule in Erfurt (Studiengang UX-Design) und hat jetzt den „IU Diversity Award 2023" gewonnen. // IU
Signet des Fränkischen Tags von Redaktion Fränkischer Tag
Coburg – Matthia Leyendecker, Absolventin an der Internationale Hochschule, lässt mit einer bemerkenswerten Idee aufhorchen. Ihre größte Inspiration war ihr Opa: „Ich wollte, dass er wieder mehr am Familienleben teilnehmen kann.“

Matthia Leyendecker hat einen außergewöhnlichen Bildungsweg hinter sich. Zunächst absolvierte sie ein Praktikum in einer Tischlerei, anschließend studierte sie Holzingenieurwesen (Bachelor), ehe sie noch ein Masterstudium in Zukunftsdesign obendrauf packte. Doch damit noch immer nicht genug: Parallel begann die Coburgerin auch noch ein Fernstudium in UX-Design an der Internationalen Hochschule (IU) mit Hauptsitz in Erfurt. Dieses Fernstudium hat Matthia Leyendecker jetzt abgeschlossen - und wie!

Für ihre Bachelorarbeit wurde die 28-Jährige jetzt mit dem „IU Diversity Award 2023“ ausgezeichnet.

Um was geht es in der Bachelorarbeit? In einer Pressemitteilung der IU heißt es dazu: „ Matthia Leyendecker hat einen neuartigen Ansatz entwickelt, der Demenzerkrankten mehr Selbstständigkeit schenken und betreuende Personen entlasten kann." Innerhalb von nur acht Wochen habe sie einen Prototyp entwickelt, der es Betroffenen ermöglicht, ihre kognitive Leistung durch das spielerische Erforschen unterschiedlicher Medienformate eigenständig zu stimulieren. 

Persönliche Bilder aus der Jugend

Im Konkreten spiele dieser von Matthia Leyendecker entwickelte Prototyp Audio-, Video- und Fotoformate aus. Betroffene können beispielsweise persönliche Bilder aus der frühen Jugendzeit oder aus dem gegenwärtigen Familienkreis aufrufen, auditive Formate wie Musikstücke oder Sprachnachrichten von Enkeln anhören sowie Dokumentarfilme über die eigene Heimat oder Videos vom letzten Sommerfest im Pflegeheim ansehen.

Die Vielfalt an verfügbaren Medien ist dabei sehr flexibel, wie es in der Erklärung weiter heißt, und lasse sich auf die Bedürfnisse, Lebensgeschichten und psychischen Verfassungen von Demenzerkrankten abstimmen: „Betroffene werden spielerisch dazu befähigt, Medien selbst auszuwählen und abzuspielen.“

Einsatz in Pflegeheimen

Ziel sei es, „positive Emotionen zu wecken und das Erinnerungsvermögen sowie die Identität der Betroffenen zu stärken“. Zudem könnten durch das selbstbestimmte Erkunden dialogische Prozesse gefördert und der Austausch mit Pflegekräften und Angehörigen erleichtert werden. Der entwickelte Prototyp solle insbesondere in Pflegeheimen eingesetzt werden, um psychologische und soziale Unterstützungsangebote zu verbessern und die aktive Teilnahme am Leben von Demenzerkrankten zu stärken.

Nicola Schmidt-Geheb, Gleichstellungs- und Diversitätsbeauftragte an der IU Internationalen Hochschule, lobt die Arbeit von Matthia Leyendecker: „Diese herausragende Bachelorarbeit verbindet auf ungewöhnliche Weise UX-Design mit den Diversitätsdimensionen ,Alter' und ,Beeinträchtigung'. Die Thesis zeigt, wie vielseitig und relevant der Studiengang UX Design ist und wie er dazu beitragen kann, das Leben von Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen zu verbessern. Matthia Leyendeckers enger Bezug zur Praxis und ihr Innovationsgeist haben uns zutiefst beeindruckt.“

Opa war die größte Inspiration

Der Antrieb von Matthia Leyendecker war übrigens ein ganz persönlicher, wie sie selbst verrät: „Die Themenfindung für meine Bachelorarbeit hat mehrere Wochen gedauert. Ich wollte etwas Sinnstiftendes machen, ein Ergebnis zum Anfassen war mir wichtig. Die Inspiration dafür hat mir mein Opa gegeben. Damit er am Familienleben noch mehr teilhaben konnte, haben wir ihm ein Tablet und ein Senioren-Handy gekauft. Für das Einrichten der Messagingdienste und die technischen Fragen war ich verantwortlich. Ich habe ihm Bedienungsanleitungen geschrieben und dabei festgestellt, wie wenig barrierefrei Handys und Tablets für Senioren sind. Daraus ist erstmals die Idee entstanden, das Ganze technologisch zu vereinfachen. Als mein Opa schließlich an Demenz erkrankt ist, wurde die Bedienung der technischen Geräte für ihn immer schwieriger. Ich bin dann auf die Suche nach Alternativen gegangen, blieb aber erfolglos. Also kam mir die Idee, selbst etwas für Demenzerkrankte zu entwickeln, um ihnen etwas an die Hand zu geben, womit sie sich spielerisch beschäftigen und so ihr Erinnerungsvermögen aktivieren können. Mir war außerdem wichtig, ein Angebot zu schaffen, das diese Menschen selbstständig benutzen können, also ohne, dass eine Person daneben sitzt und sie anleiten muss.“

Die Award-Gewinnerin schließt nicht aus, ihren Prototyp weiterzuentwickeln und hat bereits mehrere wissenschaftliche Beiträge für verschiedene Konferenzen eingereicht. In der Zwischenzeit hat sie ein Jobangebot als User Researcherin angenommen. „Fürs Erste habe ich genug studiert, obwohl ich das Studieren immer genossen habe. Das IU-Studium hat mich besonders durch die praktische Arbeit in den Creative Labs begeistert. Dort hatten wir die Möglichkeit, in einer dreimonatigen Projektarbeit Design-Techniken und theoretisches Wissen anzuwenden und beispielsweise Usability-Tests mit echten Nutzern durchzuführen. Diese Phase war unglaublich wertvoll für mich, denn dadurch baut man sich sein persönliches Portfolio auf. Jetzt freue ich mich darauf, das gelernte Wissen und die erworbenen Fähigkeiten im UX-Bereich in der Praxis anzuwenden“, so Matthia Leyendecker.

Was ist der Diversity Award?

Die IU Internationale Hochschule verleiht den IU Diversity Award seit 2018 zweimal pro Jahr. Die Jury besteht aus einem zehnköpfigen Team von Mitarbeitenden aus der Lehre, dem Prüfungsamt, der Gleichstellung und anderen Fachabteilungen. Studierende der IU aus Deutschland sowie aus dem internationalen Raum haben die Möglichkeit, ihre Bachelor- oder Masterarbeit einzureichen. Der IU Diversity Award soll einen Beitrag dazu leisten, wie es in einer Mitteilung heißt, „die öffentliche Wahrnehmung für das Forschungsfeld Diversität zu erhöhen“. Er ist mit einer Prämie in Höhe von 500 Euro dotiert. Weitere Informationen zu Diversity- und Inklusionsmaßnahmen der IU gibt es hier

Was ist die IU Internationale Hochschule?

Mit über 130.000 Studierenden bezeichnet sich die IU Internationale Hochschule als „größte Hochschule in Deutschland". Die private, staatlich anerkannte Bildungseinrichtung mit Hauptsitz in Erfurt nahm im Jahr 2000 ihren Betrieb auf und ist heute in mehr als 35 deutschen Städten vertreten. Studierende können dabei wählen zwischen einem praxisintegrierten dualen Studium, einem flexiblen Fernstudium oder auch einem individuellen „myStudium“, das ein Online-Selbststudium mit dem Campusleben kombiniert. Weitere Informationen gibt es hier

Lesen Sie auch:

 

 

Inhalt teilen