Die 39-jährige Alexandra R.
Die 39-jährige Alexandra R. // Polizeipräsidium Mittelfranken
War es Mord? Die Fakten zum mysteriösen Fall Alexandra R.

Das Verschwinden von Alexandra R. hat die Region erschüttert. Das Gericht ist sicher: Zwei Männer haben sie ermordet – auch wenn ihre Leiche nie gefunden wurde. Nun wird das Urteil angefochten.

 //  Kalchreuth/Nürnberg

Am 9. Dezember 2022 verschwand die damals hochschwangere Alexandra R., nachdem sie am Morgen noch ihre Pflegetochter zur Kita gebracht hatte. Bis heute fehlt jede Spur von der 39-Jährigen – dennoch hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg eine genaue Vorstellung davon, was der Frau zugestoßen sein soll. Seit April stehen Dejan B. und Ugur T. vor Gericht, sie sollen die Nürnbergerin verschleppt und ermordet haben. Einer der Angeklagten kommt aus Kalchreuth.

Weil es keine Leiche gibt, ist der Fall nicht nur mysteriös sondern hochkomplex. Die verworrenen Geschäfte der Angeklagten und des Opfers machen den Fall zusätzlich kompliziert. 37 Prozesstage sind bis zum geplanten Urteil Ende Juli angesetzt. Wir haben noch einmal alle Infos für Sie gesammelt. 

Landgericht Nürnberg
Am Dienstag sagen im Fall Alexandra R. Nachbarn des mutmaßlichen Opfers aus. // Anna-Lena Reif

Der Prozessauftakt am 9. April

Der Andrang ist riesig, sowohl Zuschauer als auch Medienschaffende drängen sich in den Saal E.006 des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Alle wollen einen Blick auf die beiden Männer erhaschen, die eine schwangere Frau ermordet haben sollen. 14 Seiten ist die Anklageschrift lang, die die Staatsanwältin verliest. „Die Angeschuldigten B. und T. vereinbarten daher spätestens Anfang Dezember 2022, Alexandra R. noch vor der gerichtlichen Verhandlung am 15.12.2022 aufzulauern, sie zu verfolgen und zu töten“, heißt es darin.

Glaubt man der Version der Staatsanwaltschaft, sollen die beiden Angeklagten die 39-Jährige an einer ihrer Immobilien in Schwabach abgepasst, entführt und in eine Lagerhalle verschleppt haben. Entweder dort oder in einem Waldstück in Oberbayern sollen sie die Frau getötet und anschließend die Leiche entsorgt haben. 

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Gab es Drohungen des Angeklagten?

Der Lebensgefährte von Alexandra R. und Vater des ungeborenen Kindes bringt etwas Licht in die dubiosen Geschäfte der beiden Angeklagten. Lange Zeit soll Alexandra R. beide Männer finanziell versorgt haben, Anfang 2022 soll damit Schluss gewesen sein. Ein Motiv?

Schon Monate vor dem Verschwinden von Alexandra R. soll Dejan B. Drohungen ausgesprochen haben. „Er hat zu mir gesagt, dass die Alex böse war und dass er sie bestrafen muss“, schildert ein Zeuge vor Gericht.

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Aufenthalt im Frauenhaus: Hatte Alexandra R. Angst vor ihrem Expartner?

Im Mammutprozess kommen zahlreiche Kollegen, Nachbarn und Bekannte des mutmaßlichen Opfers zu Wort. Immer wieder wird angedeutet, dass Alexandra R. vor ihrem Verschwinden Angst vor Dejan B. gehabt haben soll. Im Frühjahr 2022 ging sie sogar in ein Frauenhaus. Auch die undurchsichtigen Geschäftsmodelle des Dejan B. und Ugur T. geraten immer mehr in den Fokus. Woher kamen ihre Geldflüsse? Und wofür genau bezahlten sie ihre Mitarbeiter?

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Ugur T.: Wer ist der Angeklagte aus Kalchreuth?

Der Strippenzieher dürfte wohl klar Dejan B. gewesen sein. Doch auch Ugur T. gerät im Laufe des Prozesses immer mehr in den Fokus. Hat er geholfen, Alexandra R. zu beseitigen, um seine Firma zu retten? Bekannte berichten von Geldnot. Doch auch positive Aussagen sind zu vernehmen: Er soll zuverlässig, freundlich und korrekt gewesen sein, immer da, wenn man ihn brauchte. Kann so jemand einen Mord begehen?

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Erschütternde Aussagen: Familie des Opfers im Zeugenstand

Es wird emotional im Gerichtssaal, als Alexandra R.'s Eltern und ihr Bruder vor Gericht aussagen. Sie sind aus Rumänien angereist, um von ihrer Tochter zu erzählen, von ihrem Leben – und von ihrem Verschwinden. Zu Dejan B. wollen sie von Anfang an ein schlechtes Verhältnis und vor allem kein Vertrauen gehabt haben. „Alexandra sagte: Mama bete für mich“, berichtet die Mutter des Opfers. Auch um ihre Pflegetochter habe die 39-Jährige enorme Angst gehabt.

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Belästigung in Kalchreuth? Angeklagter erstattet Anzeige

Er soll sich in seinem eigenen Haus nicht mehr sicher gefühlt haben. Als auf seinem Lieferwagen, der am Dorfplatz in Kalchreuth geparkt war, der Schriftzug „Mörder“ prangt, geht Ugur T. zur Polizei. Der Beamte dort will ihn behandelt haben, wie jeden anderen Anzeigenerstatter – doch ist das bei diesem Hintergrund überhaupt möglich? Bei der Vernehmung soll er sich auch zu seinem Status als Tatverdächtiger geäußert haben. 

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Suchhunde erkennen mehrere Spuren der beiden Angeklagten

Gleich mehrmals wurden Personensuchhunde auf die Fährten der Angeklagten und der Alexandra R. angesetzt. Die Spur führt dabei nach Oberbayern in ein abgelegenes Waldstück. Mussten die 39-Jährige und ihr Kind hier sterben? Videos zeigen eindrücklich die Suchergebnisse. 

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Deutet eine Haaranalyse auf die Unschuld der Verdächtigen hin?

Eine Diplombiologin des bayerischen Landeskriminalamtes vergleicht mehrere gefundene Haare: von einem Stück Panzertape aus dem Haus in Schwabach, von einem Besen aus der Lagerhalle in Hilpoltstein, aus dem Renault Twingo des Ugur T. Sie findet keine eindeutige Übereinstimmung. 

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Das Beziehungsgeflecht um Alexandra R. wird immer verworrener

Vor Gericht berichtete Alexandra R.'s Lebensgefährte Bastian R. von einer rundum glücklichen Beziehung. Jedoch kommen im Laufe des Prozesses immer mehr Affären ans Licht. Eine Frau sagt vor Gericht aus: Auch sie soll zeitgleich mit Alexandra R. eine Beziehung zu Bastian R. geführt haben. 

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Wackelt jetzt die Anklage?

Der erste Teil der Beweisaufnahme ist abgeschlossen, nun ist Zeit für weitere Anträge. Vor allem die Verteidigung von Ugur T. aus Kalchreuth scheint das aktiv nutzen zu wollen: Zwei neue Gutachten und ein weiteres Zeugenverhör forderte Anwältin Martina Schultzky in der Sitzung am 1. Juli.

Ihre Argumentationen lassen die Anklage dabei ziemlich instabil erscheinen. Kann ihrem Mandanten die Mithilfe nachgewiesen werden? 

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Zweifel an den Suchhunden - Was bleibt von der Anklage?

Wie lang kann ein Suchhund Geruchsspuren wahrnehmen? Wie eindeutig muss er Funde anzeigen? Oder liegt doch alles sehr subjektiv in der Interpretation des Hundeführers? Zum Ende des Prozesses hin versucht die Verteidigung verschiedenste Aspekte der Anklage zu untergraben. 

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Vier Stunden: Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft

Nach Wochen neigt der Prozess sich dem Ende zu. Oberstaatsanwältin Alexandra Hussennether fasst in ihrem ausführlichen Plädoyer noch einmal die ganze Indizienkette zusammen. Ihr Fazit lautet: Mord.

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„Es herrscht Unwissenheit“: Das fordert die Verteidigung

Der letzte Tag im Mammutprozess ist angebrochen und gibt den vier Verteidigern von Ugur T. und Dejan B. noch einmal die Gelegenheit, alle Zweifel an der Anklage aufzulisten – und davon gibt es ihnen zufolge viele. Das Verhalten der Hunde sei nicht eindeutig gewesen, ein Fingerabdruck sei kein Beweis und der Mord könne den beiden Angeklagten nicht nachgewiesen werden, falls es überhaupt einen Mord gegeben hat. Genau eine Woche hat das Gericht sich nun für die Entscheidung genommen: Am 24. Juli fällt das Urteil. 

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Klares Urteil: Schuldspruch für die Angeklagten

Das Urteil schlägt ein wie eine Bombe. Trotz der Zweifel, die die Verteidigung gestreut hat, sind die Richter sich sicher: Die Angeklagten sind schuldig. Wegen der fortgeschrittenen Schwangerschaft von Alexandra R. steht für das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld fest.

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Angeklagte fechten Urteil an

Noch ist beim Urteil im Fall Alexandra R. nicht das letzte Wort gesprochen. Die beiden Angeklagten gehen in Revision, nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden.

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