Der Coburger Stadtrat und der Coburger Kreistag haben am Donnerstag den Weg frei gemacht für eine Privatisierung des Klinikums Coburg.
Im Stadtrat gab es 25:16 Stimmen für eine Privatisierung, im Kreistag 38:17.
Der Neustadter Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) hatte gegen eine Privatisierung gestimmt. Denn: „Ich glaube, dass wir bei einer weiterhin kommunalen Trägerschaft den Turnaround geschafft hätten.“ Er kündigte aber an, jetzt voll hinter der demokratischen Entscheidung der Gremien zu stehen. Als Mitglied des Krankenhausverbands ist Rebhan ohnehin an diese Entscheidung gebunden und muss am Freitag für eine Privatisierung stimmen.
„Wir haben gekämpft!“
Auch der Vorsitzende der CSU/LV-Kreistagsfraktion, Rainer Mattern, hatte gegen eine Privatisierung gestimmt: „Wir haben gekämpft für ein kommunales Krankenhaus!“ Trotzdem sei er froh, dass die Entscheidungen in Stadtrat und Kreistag jeweils mit „guten Mehrheiten“ zustande gekommen sind. „Damit können wir arbeiten.“
Markus Mönch, Bürgermeister von Weidhausen und Vorsitzender der ULB-Kreistagsfraktion, hatte – wie im Vorfeld angekündigt – für eine Privatisierung gestimmt. Er sagte im Anschluss: „Es war heute die richtige Entscheidung. Ob es auch noch in fünf oder zehn Jahren die richtige Entscheidung ist, wäre Glaskugel-Leserei.“
Grüne sind enttäuscht
Enttäuscht zeigte sich Viktoria Lauterbach (Grüne), die gegen eine Privatisierung gestimmt hatte. Aber: „Immerhin wurde ein ziemlich guter Vertrag mit Sana ausgehandelt.“
Das mit dem guten Vertrag sah auch Marco Steiner so. Der Bürgermeister von Rödental und Vorsitzende der FW-Kreistagsfraktion gehört seit längerem zu den Befürwortern einer Privatisierung. Seine Sorge vor der Alternative wäre gewesen: Wenn es einen weiteren kommunalen Versuch gibt, der dann aber erneut – wie bei Regiomed – schiefgeht, wäre der Schaden noch größer und ein privater Interessent wohl kaum mehr zu finden.
Weitere Stellungnahmen aus der Stadt Coburg:
SPD Coburg: „Wir haben mit unserer Position zur zukünftigen Weiterführung des Klinikums Coburg gerungen. Für beide Wege, in kommunaler oder privater Trägerschaft, gibt es gute und triftige Argumente. Mit Blick auf die vielfältigen freiwilligen Leistungen der Stadt Coburg.de für unser einzigartiges kulturelles und soziales Miteinander, das wir auch in Zukunft bestmöglich aufrechterhalten wollen, hat die SPD Fraktion mehrheitlich entschieden für den Weg mit den Sana-Kliniken zu stimmen. Eine wesentliche Bedingung für uns war, die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern. Hier wurde viel verhandelt. Wir bedanken uns bei Oberbürgermeister Dominik Sauerteig und der gesamten Stadtverwaltung sowie dem Landrat mit der Kreisverwaltung für die geleistete Arbeit.“
Michael Zimmermann (FDP): „Wie viele war ich hin- und hergerissen. Letztlich bedeutet kommunale Trägerschaft: Kontrolle und Kosten. Privat: Fremdbestimmung und keine Sicherheit, welche Behandlungen zukünftig noch angeboten werden, aber finanzielle Entlastung der Stadt. Für mich war die Frage, ob man nach den schlechten Erfahrungen daran glaubt, nach einer schwierigen Umstrukturierungsphase kommunal wieder wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Kulmbach macht es vor. Regiomed ist an eigenen Fehlern gescheitert. Deswegen habe ich für den kommunalen Weg gestimmt.“
Thomas Apfel, stellvertretender Fraktionsvorsitzender Pro Coburg: „Vernunft ist das, was von mir als Stadtrat in dieser Situation erwartet wird. Mein Anspruch ist es, auf Basis vorliegender Informationen im besten Sinne für die Menschen in Coburg zu entscheiden. Das habe ich getan und mich für die Übernahme durch Sana ausgesprochen. Das Klinikum in kommunaler Hand zu betreiben, wäre ein zu großes Wagnis, mit zu vielen Unbekannten. Wir haben in den nächsten Jahren als Kommune große Aufgaben zu bewältigen. Das Projekt Klinikum wäre eine zu viel.“
Matthias P. Schmidt, Stadtrat Pro Coburg: „Ist die Kommune finanziell und auch fachlich in der Lage, das Klinikum Coburg erfolgreich zu betreiben? Diese Frage und nicht die Frage, ob es grundsätzlich besser ist, das Gesundheitswesen in der öffentlichen Hand zu behalten, musste der Stadtrat heute beantworten. Die Antwort ist nein, wir sind nicht in der Lage dazu. Das hat die Vergangenheit deutlich gezeigt. Ich denke, die meisten von uns sähen das Klinikum lieber in kommunaler Hand. Trotzdem haben wir uns heute im Sinne unserer Stadt für die Zusammenarbeit mit Sana entschieden.“
Hier die komplette Stellungnahme von Landrat Sebastian Straubel (CSU):
„Uns allen im Coburger Kreistag ist bewusst, dass wir heute die schwerste Entscheidung getroffen haben, die jemals in diesem Gremium zu treffen war. Ich habe Respekt vor jedem Einzelnen, der heute über unser Klinikum abgestimmt hat. Vergessen wir nie: Jeder Kreisrat, jede Kreisrätin macht die Arbeit ehrenamtlich für die Bürgerinnen und Bürger. Ehrenamtlich! Das Gewicht der heutigen Entscheidung übertrifft den ehrenamtlichen Anspruch des Amtes um ein Weites!
Hinter uns allen liegt ein wahrer Verhandlungsmarathon. Unsere Aufgabe als Verantwortliche war es, die Gespräche in beide Richtungen intensiv zu führen – ich bleibe dabei: wir mussten hier – auch in Verantwortung für unsere Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger – sorgfältig vorgehen. Es gab keine Alternative, auch wenn der Druck von allen Seiten hoch war.
Mein besonderer Dank gilt deshalb den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landkreis- und Stadtverwaltung, die uns bei diesem schwierigen Entscheidungsprozess unterstützt haben. Sie haben sich persönlich weit mehr engagiert, als man das als Arbeitgeber erwarten durfte. Jetzt waren die Verhandlungen abgeschlossen, jetzt war die Zeit gekommen, zu entscheiden.
Wir haben die Mitglieder des Kreistages in der letzten Woche noch einmal ausführlich informiert. Die einzelnen Fraktionen im Kreistag haben sich ein abschließendes Bild über die Ausgangslage gemacht. Da ist es normal und völlig verständlich, dass sich alle, die heute abgestimmt haben, für sich persönlich Gedanken gemacht und Argumente aus ihrer Sicht gewichtet haben. Ich glaube, dass viele – wie ich auch – heute Nacht vor dieser Entscheidung schlecht geschlafen haben.
Persönlich bin ich, wie viele Kolleginnen und Kollegen, innerlich zerrissen – es zerreißt mir das Herz. Ich sehe auch die Vorzüge eines kommunalen Hauses. Als Landrat ist es aber auch meine Aufgabe, die sich immer mehr zuspitzende finanzielle Situation im Auge zu behalten. Dazu kommt die Notwendigkeit, die Leistungsfähigkeit unserer Städte, Gemeinden, aber auch des Landkreises Coburg, aufrechtzuerhalten. Ich sehe mich hier in der Verantwortung. In regelmäßigen Abständen werden auf uns als Kommunen neue Aufgaben delegiert, die wir umzusetzen haben – ohne dass es hierfür auskömmliche Mittel und Personal gibt. Die von Woche zu Woche schwerer werdende Lage war daher bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Dazu kommt, dass die gesundheitspolitischen Bedingungen in Deutschland das Fortbestehen von Krankenhäusern ohnehin sehr erschweren. Das jüngste Beispiel hat uns vorgestern aus Schweinfurt erreicht.
Wir als Kommunen ringen in diesen Tagen darum, handlungsfähig zu bleiben. Was für uns als Landkreis finanziell machbar ist, entscheiden nicht wir allein. Dafür gibt es rechtliche Vorgaben. In Artikel 55 der Landkreisordnung steht zu den allgemeinen Haushaltsgrundsätzen: „Der Landkreis hat seine Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung seiner Aufgaben gesichert ist. Die dauernde Leistungsfähigkeit des Landkreises ist sicherzustellen, eine Überschuldung ist zu vermeiden. (…) Aufgaben sollen in geeigneten Fällen daraufhin untersucht werden, ob und in welchem Umfang sie durch nicht-kommunale Stellen, insbesondere durch private Dritte oder unter Heranziehung Dritter, mindestens ebenso gut erledigt werden können. Bei der Führung der Haushaltswirtschaft hat der Landkreis finanzielle Risiken zu minimieren.“
Vor diesem Hintergrund haben die Verwaltung des Landkreises und ich – und dies gemeinsam mit dem Kollegen Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung – den Auftrag des Kreistags vom Mai aufgenommen. Und wir haben ihn erfüllt: Neben der Beleuchtung eines weiterhin kommunal geführten Klinikums haben wir uns auch mit privaten Interessenten intensiv ausgetauscht. Aus diesen Gesprächen haben wir einen Konsortialvertrag entwickelt, bei dem uns eines wichtig war: Die berechtigten Interessen des Personals und der Patienten müssen gleichermaßen abgebildet und berücksichtigt sein. Das heißt für mich: attraktive Arbeitsplätze und eine hochwertige, moderne Medizin für unsere Region. Dazu gehört der Neubau eines Klinikums auf dem ehemaligen BGS-Gelände in Coburg.
Nach unzähligen Stunden des Verhandelns können wir sagen: Das ist für alle ein guter Vertrag! Der auch von mir lange Zeit favorisierte kommunale Weg ist finanziell einfach zu riskant!“