Mehrere Jahre lebte der Bad Kissinger Jan Höglein (Name geändert) auf der Straße in Frankfurt, süchtig nach Heroin. Wie er dort gelandet ist, ist Nebensache. Es gibt viele Möglichkeiten, vom rechten Weg abzukommen und in eine Abwärtsspirale zu gelangen. "Man hätte ihn nicht erkannt, wenn man ihn getroffen hätte", berichtet Christian Fenn, Leiter der Kissinger Drogenhilfe (Kidro) in Bad Kissingen.
"Irgendwann beschloss sein Bruder Valentin, nach Frankfurt zu fahren, um ihn abzuholen und zur Entgiftung zu bringen." Das war Ende 2023. Er machte zwei bis drei Wochen Entgiftung im Krankenhaus. Das Krankenhaus wird gebraucht, weil der Körper stark auf den Entzug reagiert: Krämpfe, Schmerzen, aber auch ein erhöhter Blutdruck können auftreten.
Teure Entgiftung und fehlende Krankenversicherung
Nach seiner Entgiftung kam die Rechnung vom Krankenhaus. "Wenn du auf der Straße lebst und dich um gar nicht kümmerst, hast du auch keine Krankenversicherung", sagt Christian Fenn. Aber es gilt auch: Offiziell kann man in Deutschland nicht nicht versichert sein. Heißt: Wenn Jan wieder versichert sein möchte, muss er die rund sechs Jahre nachzahlen. Das sind etwa 9600 Euro. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keine Arbeit, kein Bürgergeld, nichts.
"Jetzt muss man sich in diesen Mann hineinversetzen: Er ist es ja gewohnt, alles hinzuwerfen. Er will sein Leben auf die Reihe bekommen und startet erstmal mit fast 10.000 Euro Schulden." Die wahrscheinlichste Reaktion: aufgeben. "Und aufgeben heißt: Dann gehe ich zurück nach Frankfurt, da kenne ich mich aus", weiß Christian Fenn. Das derzeitige System bringe Menschen in solch absurde Situationen. "Wenn du völlig aus dem System rausfällst, funktionieren die Regeln einfach nicht mehr, die sich der Gesetzgeber ausgedacht hat."
Ersatzmedikament verursacht weitere Kosten
Weiter geht die Geschichte damit, dass Jan ein Medikament als Ersatz zum Heroin bekommt. Dieses wirkt weniger berauschend, aber unterdrückt das Suchtgefühl. Der Haken: auch hierfür braucht es die Krankenversicherung. "Wir haben zwei Möglichkeiten: Er kommt aus der Entgiftung und wird sofort rückfällig, weil er es gar nicht anders kann, oder er bekommt die Ersatzmedikamente vom Arzt, was aber ohne Krankenversicherung teuer ist."
Es gebe laut Christian Fenn immer wieder Leute, die sagen: "Stell dich nicht so an, du hast es für dein Heroin doch auch geschafft, an Geld zu kommen." "Stimmt. Und das Methadon ist billiger. Aber wie kam er an Geld? Das hat er illegal aufgetrieben: wahrscheinlich durch Klauen oder Prostitution. Wollen wir, dass er das wieder machen muss?"
Gelder der Weihnachtshilfe helfen bei aktuten Problemen
An diesem Punkt kommen die Spendengelder der Weihnachtshilfe ins Spiel. Mit dieser übernahm die Kidro die Kosten für Arzt und Medikament. "Wir organisieren es mit den Spendengeldern immer so, dass wir das Geld auslegen und es nach Möglichkeit wieder holen. In dem Fall wissen wir: Ab dem Antrag auf Bürgergeld ist er krankenversichert. Es dauert, bis wir alles dafür zusammenhaben, aber ab da kommt eine Rückzahlung – und wir können mit dem Geld, was zurückkam, wieder anderen helfen", sagt Christian Fenn.
"Spannend ist, wenn du ihn jetzt sehen würdest. Er betritt den Raum und sofort hat er den Raum erobert. Da ist von diesem Junkie-Leben nichts mehr erkennbar", sagt Christian Fenn über den heutigen Jan. Wenn man genau hinsieht, sehe man vielleicht die Narben an den Armen und Beinen von den Entzündungen durch die Nadelstiche. "Aber wenn er jemandem gegenüberstehen würde und ich würde ihm sagen, das ist der Mann, von dem ich gerade erzählt habe, der gerade noch in Frankfurt auf der Straße gelebt hat, würde er mir das wahrscheinlich nicht glauben."
Hier können Sie spenden:
- Caritas: DE80 7935 1010 0000 0019 41 (BIC: BYLA DEM1 KIS)
- Kidro: DE05 7935 1010 0000 0335 55 (BIC: BYLA DEM1 KIS)
- Diakonie: DE48 7935 0101 0000 0025 35 (BIC: BYLA DEM1 KSW)
Verwendungszweck: Weihnachtshilfe Saale-Zeitung